Yoga und Foucault?

Philosophische Audiothek

Ich möchte Überlegungen zur Übung des Selbst anstellen und zu diesem Zweck Yoga und Michel Foucault zusammenbringen.

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Erstens werde ich einen Überblick darüber geben, wie ich Yoga heute verstehen möchte, dann auf Gandhi und Krishnamurti eingehen, um zwei ungewöhnliche Yogaübende vorzustellen, in einem dritten Teil versuchen einen kurzen und aus diesem Grund sicher bruchstückhaften Ausblick auf Foucaults Überlegungen, in seiner 1982 gehaltenen Vorlesung Hermeneutik des Subjekts, zu geben.

Eine Sache ist sofort auffällig. Es handelt sich um zwei sehr unterschiedliche Gebiete, die mein Interesse verbindet. Fraglich ist, ob der Sprung vom Yoga zu Foucault vielleicht zu weit ist. So viel sei an dieser Stelle dazu gesagt: Yoga braucht Foucault nicht und Foucault braucht Yoga nicht. Die europäische oder österreichische oder wienerische, oder Linzer und Ottensheimer Yogaszene, braucht Foucault allerdings dringend, sowie die Philosophie an den Universitäten Yoga braucht, um ihrer Selbstkritik willen.

Yoga in Ottensheim und Österreich braucht Foucault, weil er in seinen Überlegungen zur Hermeneutik des Subjekts zeigen kann, dass Selbstpraxis nicht nur Hingabe, Nicht-Denken und Vertrauen ist. Im Gegenteil das Reflektieren bleibt ein wichtiger Bestandteil jedes Übungsweges, um nämlich sicher zu gehen, dass man nicht schon lange abseits des Weges läuft, um leere Formen zu bedienen.

Yoga so lautet die Vermutung ist aus einer Übungsgemeinschaft, die intime Kontakte und Lehrer-Schüler-Verhältnisse ausgemacht hat, entstanden. Die gegenwärtige Wiederbelebung des Yoga ist ein Massenphänomen, das diese Verhältnisse nicht mehr gewährleisten kann. Yoga muss damit zu einem Lebensprojekt werden, das Einzelne für sich selbst verwirklichen. Die Aufgabe ist es dabei, sich nach Suchenden in der Geschichte, sowie gegenwärtig umzuschauen, um Reflektionen darüber anzustellen, wie ein Weg zum Wissen begangen werden kann, auf sich selbst gestellt, abseits von den immer schädlicher werdenden Herrschaftsverhältnissen, die die einst gelobten Lehrer*innen-Schüler*innen-Verhältnisse mit sich gebracht haben.

Kurz gesagt, worum soll es gehen. Es wird nicht darum gehen den Yoga und die von Foucault beschriebenen Praktiken zu vergleichen, es wird nicht darum gehen am Ende einen Yoga zu haben, der von Foucault korrekturgelesen wurde, es geht im Folgenden darum sich die Frage nach den Möglichkeiten der Suche nach Einsicht zu stellen. Die Frage nach der Philosophie im nicht strengen Sinn sozusagen.

Ich möchte einen Einstieg ins Yoga versuchen, der nicht hauptsächlich Begriffe aus alten Texten aufzählt, sondern vielleicht sichtbar werden lässt, was Yoga je individuell sein kann.

Was ist Yoga, warum Yoga üben, was passiert, wenn Yoga anfängt zu wirken?

Mit Fragen wie diesen geht man durch die Welt, wenn man das Yogaüben für sich entdeckt hat. Aus unterschiedlichen Gründen zum Yoga gekommen, weiß selten jemand warum sie oder er nicht aufgehört hat Yogaübungen auszuführen. Sicher erkennt man im Üben früher oder später, dass man die Frage danach, was Yoga ist, nicht beantworten können wird. Yoga zeigt sich nach einiger Zeit als ein merkwürdiges und teils freudiges Gefängnis im Tun, das aufhört Antworten auf Fragen zu geben. Yoga wird in seinen Grenzen nicht bekannt, Yoga bedeutet sich Formen des Fragens anzugewöhnen, die nicht nach Beantwortung streben, die Beantwortung sogar ablehnen.

Beim Yogaüben kann man sich damit in einem Zustand wiederfinden, der es einem nicht erlaubt zu streben, um etwas zu erreichen oder zu erkennen. Yoga macht den Vorschlag sich nach scheinbar sinnlosen Regeln zu richten, die das Ziel nicht in Aussicht stellen, sondern in die Ferne rücken. Die scheinbare Disziplin, die das Üben verlangt, zeigt sich als das freiwillige Annehmen von Lebensregeln, die dennoch nichts zu verbessern versprechen.

Das scheinbar unattraktive Angebot, das uns Yoga macht, ist es, sich in seinen lebensweltlichen Freiheiten einzuschränken, um Zeit- und Übungspläne auf sich zu nehmen, die Yoga mit sich bringt. Gleichzeitig beginnt Yoga sich im Üben von seiner süßen Seite zu zeigen, es eröffnet Raum abseits des Alltäglichen, und immer dann, wenn wir bemerken, nicht in Sorge zu sein, ob unsere Positionen richtig ausgeführt sind, ob wir vermeintliche Fortschritte im Tun gemacht haben, immer dann wenn die Kategorien des Lebens außerhalb unserer Yogamatte von uns abfallen, ist Yoga da und schenkt einen Moment der Freiheit. Diese Einsicht allerdings, können wir nicht im Überlegen erlangen, wir können sie nicht schnell gewinnen und finden sie genau dort, wo die wunderbare Verrücktheit des Ausführens von Yogapositionen sichtbar wird.

In diesen Momenten des sich nicht-Quälens, wissen wir immer noch nicht was Yoga ist, doch die Beantwortung dieser Frage hat ihre Bedeutung verloren.

Kurz, wie zu sehen ist, versuche ich eine spaßige Angelegenheit vorzustellen und gleichzeitig ein heimtückisches System von Regeln.

Der Yoga zeichnet sich dadurch aus unheimlich viele, sich bei Zeiten auch widersprechende Regeln vorzuschlagen. Der Yoga möchte die Übenden überfordern, um sie zu Rebellierenden zu machen, um genau den Moment zu provozieren, in dem die Übenden ausrufen wollen: »Das ist doch alles sinnlos und frei erfunden, wo sind die Belege, dass Yoga mein Leben verbessern wird?« Und vielleicht schaffen wir es dann doch weiter zu üben, haben aber sozusagen als erste Form von Yoga gelernt, dass es im Tun einer kreativen Auslegung von Regeln bedarf. Das ist sozusagen die erste Fähigkeit, die Yoga lehrt und ins Leben abseits der Matte mitgibt.

Ich halte fest, die erste Form von Gelassenheit, die Yoga uns schenkt, ist das nicht-mehr-perfekt-erfüllen-Wollen von Regeln. Yoga konfrontiert mit so vielen Regeln und komplexen Anforderungen, dass wir üben können das Scheitern als fröhliche Sache zu erleben, die nichts über unsere Meisterschaft aussagt, sondern, wir können Scheitern nun als etwas erkennen, das uns anzeigt, dass wir begonnen haben einen Weg zu gehen, in dem wir nicht mehr das Ideal der Perfektion verfolgen, dass wir die Angewohnheit aufgegeben haben, uns zur Sicherheit nie zu weit vom Bekannten zu entfernen.

Diese erste Form von Gelassenheit erlaubt uns an den Grenzen des uns bisher Bekannten zu tanzen, und einen Blick in die Fremde zu werfen.

Eine zweite Form der Gelassenheit geht mit dieser ersten einher. Diese zweite Form erlaubt uns, nicht mehr so genau wissen zu müssen was wir sind und was nicht.

Sowie Yoga als Gegenstand, immer das ist, was wir noch nicht kennen, immer der Versuch ist etwas zu erfassen, das uns bisher noch nicht begegnet ist, so erlaubt Yoga als Haltung Großzügigkeit in Bezug auf wählbare Identitäten und Lebensentwürfe. Großzügigkeit bedeutet in diesem Kontext die Offenheit für Formen des Lebens und Tuns, die bisher nicht gelebt sind, die aber vielleicht schon als Wunsch oder Idee entstehen.

Yoga befreit uns von der Sorge um die Festlegung des eigenen Ichs und erlaubt es damit offen zu werden für andere Individualitäten, Yoga ist folglich ein gemeinsamer Weg in Offenheit oder Freiheit. Wer zu dieser Gemeinschaft gehört ist allerdings niemals definiert und der Zufall entscheidet, wen uns das Leben sozusagen in jedem Moment zur Seite stellt.

Kurz: Gelassenheit Nummer zwei, die uns Yoga bringt, ist das Ende der Sorge darum wissen zu müssen wer man ist.

Wir forschen weiter: Was ist Yoga?

Gegenwärtig wird auf hunderttausend unterschiedliche Arten über Yoga gesprochen und Yoga geübt, zumeist ist Hatha Yoga der Gegenstand des Interesses. Ha bedeutet Sonne und tha Mond. Hatha Yoga ist damit eine Form von Körperpraxis, die Gegensätzliches vereinen möchte, um der Gesundheit der Einzelnen willen, sowie um zum friedlichen Zusammenleben beizutragen, zu einem Zusammensein, dass Gegenteiliges im Leben und Denken in sich tragen kann. Unter Hatha Yoga sind Asanas also Körperstellungen oder Atemübungen (Pranayama) zu verstehen. Sie sind neben Regeln der Lebensführung, deren erste das gewaltfreie Tun ist, die Grundlagen eines achtteiligen Weges, der helfen möchte klarer Sehen zu lernen. Dieser achtteilige Pfad ist in den Yogasurtren als Ashtanga Yoga als achteiliger Yoga bezeichnet.

Was ist Yoga?

Yoga ist die Freiheit, offen auf seine Umwelt zu reagieren und ebenso sind es unsere Mitmenschen, die als LehrerInnen wahrgenommen werden können. Womit ein weiteres Stichwort eingeführt ist. Yoga ist ein Weg zum Wissen. Ist Yoga Philosophie? Philosophie kann bedeuten in Liebe nach Weisheit zu suchen, kann verliebtes Streben nach Wissen bedeuten, die Liebe zur Weisheit und viel mehr. Yoga ist in dem Sinn Philosophie als es interessiertes Streben nach Weisheit ist. Yoga ist allerdings eine spezielle Form von Philosophie, als es eine bestimmte Lebenspraxis voraussetzt, die zu Einsichten führen kann. Diese Einsichten können, sind sie einmal erlangt, nicht kommuniziert werden, sondern jede Suchende muss sich selbst aufmachen, Wege zum Wissen finden.

Unter Philosophie kann die Anstrengung verstanden werden, die Dinge nicht einfach hinzunehmen, der Anspruch sich die Aufgabe zu stellen, etwas beitragen zu wollen in diesem Leben. Yoga will uns helfen uns einzubringen für die Ganzheit des Existierenden, verspricht uns dafür mit Einsicht zu belohnen. Yoga möchte uns öffnen für die vielen Möglichkeiten Leben zu machen.

Was bedeutet das, etwas beitragen?

Erstens gilt, dass es immer die im Moment bestehende Situation ist, die wichtig zu nehmen ist und zweitens, dass diese Situation immer mit dem Dasein und der Autonomie anderer zu tun hat.

So einfach dieser Satz formuliert ist, so schwierig ist seine praktische Auslegung. Er könnte nun rational für unterschiedliche Situationen ausformuliert und durchdacht werden, wir bleiben aber immer mit einem Großteil von möglichen Situationen zurück, die wir noch nicht durchdacht haben, sowie als zweite Einschränkung der Umstand auftritt, dass uns zu keinem Zeitpunkt die Vorgänge und Hintergründe einer Situation vollständig bekannt sind. Yoga meldet sich dort als Hilfsmittel, wo die Mittel des logischen Schließens unscharf werden, da die Sätze von denen man versucht auszugehen unsicher geworden sind. Beim Üben merken wir, wie wenig wir sicher über unseren Körper wissen, im Leben beginnen wir die Unklarheiten unserer Situationen zu entdecken.

Ich möchte nun mit zwei Figuren, die man sozusagen als „wild yogis“ bezeichnen könnte, über Freiheit nachdenken. Gandhi und Krishnamurti zeichnen sich dadurch aus, Systeme des Wissens und der Befreiung anzuzweifeln. Yoga ist für sie ein Weg, den jeder in individueller Weise zu verwirklichen hat.

Gandhi. Sein Anliegen war die Befreiung Indiens von der Kolonialherrschaft durch gewaltfreies Widerstehen. Die regionale Produktion in Indien aufbauen, friedliche Märsche, fasten oder mit einer großen Gruppe von Menschen Grenzen überschreiten, provozierte Gefangenschaft, Unrecht aufzeigen, dies waren die gewählten Praktiken.

Gandhis Yoga des Handelns stellt dem Denken zwei Aufgaben. Erstens müssen Philosophierende auch Handelnde sein, zweitens darf ihr Handeln nicht auf andere, ein soziales Gefüge, Situationen beschränkt bleiben, sondern muss auch die Handelnden selbst verändern. Die Wahrheit muss, mit Gandhi gesprochen, angestrebt werden und zeichnet sich dadurch aus, sich am Ende eines Arbeitsprozesses, der Kohärenz im Existieren und Denken der Philosophierenden erreichen möchte, zu zeigen. Es ist eben dieser Prozess, der Weg zur Wahrheit, der frei macht, weil er klaren Fokus gibt. Gandhis Vorstellung von Freiheit könnte man damit als eine beschreiben, die aussagt, dass die Form der gelebten Unfreiheit gewählt ist. Die Freiheit die wir haben ist damit jene, die uns erlaubt in jedem Moment alle möglichen Handlungsweisen zu sehen. Die momentane Wahrheit ist die Einsicht in die momentanen Handlungsmöglichkeiten.

Womit ich zu Gandhis Experimenten mit der Wahrheit übergehe. Zu diesem Zweck möchte ich mich seiner Interpretation der Bhagavad Gita zuwenden. Die Bhagavad Gita kann als ein Gespräch mit sich selbst, mit der Wahrheit, die in einem wohnt, gelesen werden. Die Bhagavad Gita, der „Gesang des Erhabenen“ ist ein Lehrgedicht, das zwischen dem zweiten und fünften vorchristlichen Jahrhundert entstanden ist und ist Teil des Mahabharatas eines indischen Epos. Ich halte mich an dieser Stelle an die Interpretation von Gandhi, es gibt aber viele andere.

Die Hauptperson der Gita ist Arjuna, der Krishna gegenübersteht. Gandhi beschreibt Krishna als die Personifizierung von echtem Wissen und Perfektion. Diese Idee, die Idee von Perfektion in personaler Gestalt, allerdings, möchte Gandhi nicht verehren, sich keinen Göttern unterwerfen, aus welchem Grund er die Bhagavad Gita als das Dokument eines Kampfes mit sich selbst lesen möchte, nicht als die Darstellung der Situation der Belehrung Arjunas. Die Geschichte, die erzählt wird, ist in ihrem größeren Zusammenhang sehr komplex, jedoch auf ihren Kern reduziert sehr einfach. Arjuna ist Krieger und sieht sich einer Situation gegenüber, in der er seine Soldaten gegen andere führen soll, die mit ihm verwandt sind. Arjuna gerät ins Zweifeln und will nicht kämpfen, weil er seine Verwandten nicht töten kann. Die Bhagavad Gita ist das Dokument des Prozesses seines Zweifelns.

Gandhi sieht keinen anderen Ausweg für Arjuna als zu kämpfen, weil er sich im Annehmen seines Status als Soldat einmal dazu entschieden hat generell zu töten, so muss er nun auch bereit sein diese Schlacht zu schlagen, da jeder Mensch in gleicher Weise behandelt werden muss und Arjuna seine Verantwortung übernehmen muss, die er mit der Wahl dieses Lebens angenommen hat, so Gandhi. Gandhi argumentiert für eine Welt, in der rational gehandelt wird, nicht die momentane Emotion soll über Handlungen entscheiden, sondern die Aufgabe, die man sich im Leben gestellt hat, soll so gut wie möglich ausgeführt werden. Welche Einstellung Gandhi zu der Formulierung bringt:

„Yoga means nothing but skill in work“(Gandhi)

Gandhi liest Arjunas Kampf als einen inneren, das Schlachtfeld ist nicht draußen in der Welt, sondern spiegelt das innere Ringen nach Entscheidungen wieder. Im Außen würde Gandhi Arjuna nicht dazu raten, den Bogen zu nehmen, um zu töten, sondern ihn auffordern nachzudenken, um die anderen Möglichkeiten zu erkennen, die ihm seine Situation erlauben, nachzuforschen, welche Handlung im Sinne der Gewaltlosigkeit gesetzt werden kann.

„Skill in Work“ bedeutet damit zu wissen, wann und wie man seine Fähigkeiten einzusetzen vermag, nicht nur um in Zukunft friedlich zu leben, sondern jeden Schritt auf diesem Weg in Liebe zu gehen, keine Zerstörung zu betreiben.

Was bedeutet Streben nach Perfektion?

Streben muss mit Gandhi bedeuten, dieses Streben auch aufgeben zu können. Gandhi verweist darauf, dass wir einen unbestimmten Weg verfolgen müssen, da die besonderen Leistungen nicht nur im sich-Abwenden von Familie und Sozialität bestehen, im Fokussieren auf ein Thema, sondern ebenso im Wahrnehmen der Verantwortung, die das Leben bereithält. Gandhi greift sich selbst als Beispiel auf. Er hat die Verantwortung für die Kinder übernommen, die bei ihm leben, aus welchem Grund er kein Wahrheitssuchender wäre, würde er sich in die Berge zurückziehen, um dort zu meditieren, um zu Einsichten zu gelangen. Er, so Gandhi, müsse in diesem Zusammenleben mit den Kindern, im Erfüllen seiner Verantwortung, im Weltlichen die Wahrheit verwirklichen. Ganz knapp formuliert kann mit Gandhi somit behauptet werden, dass Wahrheit sozusagen das Abfallprodukt einer reflektierten Lebenshaltung ist.

Es braucht nach Gandhi das Vertrauen in einen unbestimmten Weg, der auch nicht mit Sicherheit zur Erkenntnis führt, aber jedoch täglich mit Teilwissen bereichert, das sozusagen ein Wegweiser sein kann. Dies ist die einzige Form von Religiosität, die er akzeptiert. Gandhis Ziel und Wahrheit war das Streben nach einer Welt die Verschiedenheit in Gleichheit möglich werden lässt. Die es jedem erlaubt in individueller Weise seinen Weg zu finden.

Womit der Übergang zu Krishnamurti leicht fällt.

Jiddu Krishnamurti ist 1895 in Indien geboren und gestorben 1986 in den USA. Als Kind fällt Krishnamurti auf und wird 1910 durch die Theosophische Gesellschaft zum kommenden Weltlehrer erklärt. Man gründet den „Orden des Sterns im Osten“ für ihn, den er später selbst auflöst, da er zu der Überzeugung gelangt, dass der Mensch keine Anleitung braucht sowie Krishnamurti selbst keine VerehrerInnen möchte. Mit seinem Vortrag „Die Wahrheit ist ein pfadloses Land“ beendet Krishnamurti am 2. August 1929 die Existenz des „Ordens des Sterns im Osten“. Er setzt damit ein Zeichen für das Denken, welches aussagt, dass jeder Einzelne nur im intelligenten Streben und ohne Institution, Lehrmeister*innen oder Methoden den Weg zum Wissen finden kann. Er eröffnet diesen Anlass mit einer Geschichte:

„Sie erinnern sich vielleicht an die Geschichte, wie der Teufel und einer seiner Freunde eines Tages die Straße entlanggingen. Sie sehen vor sich einen Mann, der sich bückt und etwas vom Boden aufhebt, es betrachtet und dann in seine Tasche steckt. Der Freund fragt den Teufel: »Was hat der Mann da aufgehoben?« »Er hat ein Stück von der Wahrheit aufgehoben«, sagt der Teufel. »Das ist aber ein sehr schlechtes Geschäft für dich«, sagt sein Freund. »Oh, durchaus nicht«, antwortet der Teufel, »ich werde ihm vorschlagen, sie zu organisieren.«“(Jiddu Krishnamurti )

Wie Gandhi argumentiert Krishnamurti an dieser Stelle, dass es nicht das Praktizieren von Yogaübungen oder ein zurückgezogenes Leben sein kann, das zum Wissen führt. Nicht soll behauptet werden, dass ein ruhiges, meditatives Leben dem Erkenntnisgewinn widersprechen würde, es ist aber auch kein Garant des Wissensgewinns.

„Yoga-Übungen sind ausgezeichnet, um den Körper gesund zu erhalten. Doch Sie können durch sie nie das Andere entdecken, niemals! Denn wenn Sie die Übungen zu wichtig nehmen, dann nehmen Sie das Verstehen Ihrer selbst nicht wichtig, und das heißt, wachsam, gewahr sein, darauf zu achten, was Sie tun, jeden Tag ihres Lebens.“ (Jiddu Krishnamurti) 

Erkenntnis gibt es damit immer nur im Gegenwärtigen und an dem Ort an dem man lebt. „Erleuchtung ist da, wo Sie sind.“(Jiddu Krishnamurti)

„Die Wahrheit kann nicht heruntergeholt werden; vielmehr muß der einzelne sich die Mühe machen zu ihr hinaufzusteigen.“(Jiddu Krishnamurti)

In diesem Sinne geht mit Krishnamurti die Aufgabe eines/einer Lehrer*in als Übersetzter dahin. Jede muss sich nach dem Wissen strecken, vereinfachte, durch vermeintliche Lehrer*innen übersetzte Formeln führen nicht zum Wissen, so lautet das Argument.

Sich nach der Wahrheit strecken bedeutet mit Krishnamurti die gängigen Bezeichnungen und Vorstellungen des Lebens in ihrer Bedeutung in Frage stellen zu können.

 „Sie haben die Familie, die Nachbarn und den Staat, und wenn Sie deren Bedeutung in Frage stellen, werden Sie sehen, daß Intelligenz spontan kommt, nicht erworben werden muß, nicht kultiviert werden muß.“(Jiddu Krishnamurti)

Und eben dort, so könnte man jetzt mit Krishnamurti argumentieren, sind wir frei, in unserer Möglichkeit in Frage zu stellen. Nicht weil wir in allen Dingen freie Wahl haben sind wir frei, da die Wahl einschließt, dass es Dinge gibt, die man nicht wählen kann, sondern weil wir die bestehende Welt in Frage stellen können.

Womit wir zurück sind am Anfang und der Frage, was ist Yoga?

Yoga so sei hier vorgeschlagen bedeutet sich zu erlauben, andere Bewegungen als die Bekannten auszuführen und in diesem Sinne auch andere Gedanken und Vorstellungen als die Bekannten möglich werden zu lassen.

Darf ich mich als Suchende jemandem anvertrauen, LehrerInnen annehmen? Prinzipiell sei dazu aufgerufen allen LehrerInnen zu misstrauen, versuchen können wir allerdings uns zu fragen, wer die Lehrer*innen sein könnten, denen wir nicht vertrauen zu brauchen.

Diese Personen begegnen uns ständig, es sind alle Menschen mit denen wir Blicke austauschen, mit denen wir sprechen, Freunde, Kinder, Eltern, alle.

Zu Lehrer*innen werden diese Menschen, wenn wir und sie bereit sind gemeinsam Räume wachsen zu lassen, die es allen Beteiligten erlauben, sich selbst und die Welt aus anderer Richtung zu sehen. Yoga ist damit keine Sache des-sich-in-Wälder-Zurückziehens, sondern wird im aktiven Leben wirksam.

Hermeneutik des Subjekts bei Foucault

Foucault stellt diese Frage: Warum ließ das Streben danach sich selbst zu erkennen, die Wahrheit über sich zu erfahren, die Versuche zur Selbstsorge aus dem Nachdenken verschwinden?

Ich möchte mit einem Abschnitt aus der Mitte der Vorlesungen zur Hermeneutik des Subjekts ins Thema einsteigen. An dieser Stelle versucht Foucault zu erklären, warum er diese Fragestellung für wichtig hält.

„Ich will folgendes sagen: Nehmen wir die Frage der Macht, der politischen Macht, und stellen sie in den allgemeineren Zusammenhang der Frage der Gouvernementalität, der Gouvernementalität verstanden als ein strategisches Feld von Machtverhältnissen, dann glaube ich, daß das Nachdenken über den Begriff der Gouvernementalität theoretisch und praktisch nicht um ein Subjekt herumkommt, das sich durch eine Beziehung zu sich selbst definiert. Während sich die Theorie der politischen Macht als Institution gewöhnlich auf ein juristisch konzipiertes Rechtssubjekt bezieht, so scheint mir, daß der Analyse der Gouvernementalität – d.h. der Analyse der Macht als Ensemble reversibler Beziehungen – eine Ethik zugrunde liegen muß, die durch die Beziehung seiner selbst zu sich definiert ist. Und das heißt ganz einfach, daß im Rahmen des Analysetyps, den ich Ihnen seit geraumer Zeit hier darzulegen versuchte, Machtverhältnisse / Gouvernementalität / Regierung-seiner-selbst-und-der-anderen / Beziehungen-seiner-selbst-zu-sich, daß all das eine Kette, ein Raster, bildet und daß die Frage der Politik und die Frage der Ethik um diese Begriffe herum anzusiedeln sind.“ (Michel Foucault)

Und in diesem Sinne formuliert Foucault, dass es (…) eine dringende, grundlegende und politisch unabdingbare Aufgabe wäre, eine Ethik des Selbst zu begründen, wenn es denn wahr ist, daß es keinen anderen, ersten und letzten Punkt des Widerstandes gegen die politische Macht gibt als die Beziehung seiner selbst zu sich.“ (Michel Foucault)

Die Beziehung zum Selbst wird damit zum Ort des Widerstandes gegen das allgemein Bekannte. Gegen die Wahrheit, die Experten vom Selbst definieren, gegen die Vorstellungen von Normalität, die als Vorschlag für diese Beziehung gemacht werden.

An dieser Stelle möchte ich kurz zum Yoga zurückkommen. Was kann Yoga hier und jetzt für mich bedeuten? Yoga kann zum Versuch werden dieses Verhältnis zum Selbst in Frage zu stellen. Yoga bietet in dieser Hinsicht auch noch ein kleines Geschenk, es schenkt unterschiedliche Formen von Übungswegen, um dieses Selbstverhältnis gegenwärtig werden zu lassen.

Diese Feststellung lässt schnell eine bekannte Kritik am Yoga in Europa hörbar werden. Die ihr Zentrum in der Frage findet, ob es eine solche Praxis sozusagen nicht auch in unserer Kultur gibt? Ich möchte an dieser Stelle mich nicht länger damit beschäftigen, was solche KritikerInnen mit ihrer Kultur meinen und mit Foucault weiterdenken, der eine solche Form von Ethik und Praxis aufspürt, die er hellenistisch nennt.

Foucault nennt zwei Modelle der Reflektion der Selbstverhältnisse, die einander in den ersten Jahrhunderten der Geschichte des Christentums bekämpft haben, das platonische und das christliche Modell.

Das platonische Modell bezeichnet er auch als das Erinnerungsmodell, das christliche Modell als das Exegesemodell. Das Erinnerungsmodell hat die Wiedererinnerung, die Kombination von Selbsterkenntnis und Selbstsorge zum Thema. Das Ziel ist zu sich zurückzukehren und sich des Wahren zu erinnern. Das exegetische Modell stellt sich dem gegenüber und vertritt die Werte von Geistigkeit und monastischer Ethik.

Die gnostischen Bewegungen dieser Zeit zählt Foucault dem Erinnerungsmodell zu, die christliche Kirche beschreibt er als die Begründerin des exegetischen Modells, dass sich der Gnosis entgegenstellen möchte.

Die christliche Kirche möchte sich nicht an das Wahre zurückerinnern, sondern ZITAT „(…) Natur und Ursprung der inneren, sich in der Seele vollziehenden Bewegungen auf[zu]decken.“ (Michel Foucault)

Was Foucault nun zeigen möchte ist, dass es zwischen den beiden mächtig gewordenen Modellen ein drittes gibt, das in Vergessenheit geraten ist, weil es nicht an dieser großen Auseinandersetzung beteiligt war.

Foucault schreibt:

„[Es gibt]Ein drittes Schema, das im Laufe der letzten Jahrhunderte vor und der ersten Jahrhunderte nach der Zeitwende entwickelt und wirksam wurde. Dieses dritte Schema nimmt weder die Form der Wiedererinnerung noch die der Exegese an. Im Unterschied zum platonischen Modell identifiziert es die Sorge um sich und die Selbsterkenntnis nicht, noch wird die Sorge um sich der Selbsterkenntnis einverleibt. Vielmehr neigt es dazu, die Sorge um sich zu verstärken und zu privilegieren, ihr zumindest die Unabhängigkeit gegenüber der Selbsterkenntnis zu bewahren, deren Platz – das werden Sie sehen – mir jedoch begrenzt zu sein scheint. Zweitens: Im Unterschied zum christlichen Modell ist das Ziel dieses hellenistischen Modells keineswegs die Selbstexegese noch die Selbstaufgabe, sondern neigt im Gegenteil dazu, das Selbst als zu erreichendes Ziel zu setzen.“ (Michel Foucault)

Wir wissen nun über dieses Modell, dass die Sorge um sich selbst nicht zuerst um der Rückerinnerung an etwas Wahres passiert, die Sorge um sich selbst hat ihren eigenen Wert. Zweitens möchte dieses Modell nicht durch strenge Askese aufdecken, was die inneren Prozesse zu einem bestimmten Zeitpunkt sind. Drittens setzt dieses Modell das Selbst als Ziel in der Zukunft gelegen. Ich möchte – etwas gewagt – an dieser Stelle so weit gehen und es als ein utopisches Modell bezeichnen.

Das hellenistische Modell setzt ein noch unbekanntes utopisches Selbst, das es in der Praxis zu entwerfen gilt.

Wie oben in Bezug auf Yoga angesprochen, stehen wir nun auch an dieser Stelle der Idee gegenüber, dass es etwas Ungreifbares gibt, das zwar zu erreichen ist, allerdings unbestimmt. Dieses Ziel ist eines das seine Form mit dem Weg, den man dorthin nimmt ändert. Es ist eben an dieser Stelle der Reflektion, wo die Frage nach der Praxis interessant wird. Ist das Ziel eines Weges unklar, muss überlegt werden, wie ich die Reise begehen möchte. Man könnte eventuell sogar von einer Methode sprechen, die es, in einem solchen Fall, auszuarbeiten gilt. Im Unterschied zur Methode die wir gegenwärtig allgemein als wissenschaftlich bezeichnen, muss es sich hierbei um eine Forschungsstruktur handeln, die individuelle Ausprägungen im Suchen garantiert, die ein sich verändertes Subjekt als unbestimmtes Ziel erfinden muss.

Foucault beschreibt das hellenistische Modell als jenes, das das Selbst als Zweck setzt und mit Seneca kann in diesem Kontext argumentiert werden, dass es zuerst gilt sich der Unfreiheit zu entledigen.

Nach Foucault ist Senecas Text klar: Die Knechtschaft seiner selbst, die Unfreiheit sich selbst gegenüber wird als das beschrieben, was wir zu bekämpfen haben. [Diese Knechtschaft] ist unser aller Voraussetzung. Jedoch kann man gegen diese schwer lastende, beständige Knechtschaft, der man nicht entkommt und die ohnehin uns allen auferlegt ist, kämpfen. Es ist leicht sie abzuschütteln, sagt er, und zwar unter zwei Voraussetzungen: Erstens bedeutet es aufzuhören, sich viel abzuverlangen (…) Zweitens kann man sich von dieser Knechtschaft seiner selbst befreien, indem man sich nicht zugesteht, was man sich normalerweise als Lohn, als Vergüterung, als Belohnung gibt.“ (Michel Foucault)

Der erste Schritt hin zum erfüllten Selbst ist nun mit Seneca, das sich befreien, durch ein gewisses Desinteresse an den vermeintlichen Notwendigkeiten des Lebens und wie man sagen könnte, durch steigende Unabhängigkeit vom Angenehmen, von Lohn. Diesen zweiten Punkt kann man sicher noch ausdehnen. Es geht somit auch um eine Unabhängigkeit von den herrschenden Systemen der Anerkennung, um ein sich frei Machen vom Dank und der Meinung anderer.

Wovon sollen wir uns nach Seneca befreien? Von einer Beziehung zu uns selbst, die durch Verpflichtung und Vergüterung gezeichnet ist. Zu schaffen ist diese Befreiung durch das sich Vertiefen in die Erkundung der Natur.

Foucault beschreibt diesen Versuch der Befreiung als Durchwandern der Welt, die man dann von ihrem innersten Punkt betrachten kann, um so auch eine neue Beziehung zum Selbst zu finden, das als Teil der Natur und ihrem Wirken erkennbar wird. Es geht in dieser Form der Selbstbetrachtung somit nicht darum herauszufinden, was die Prozesse sind, die im Selbst passieren, wo sie herkommen und warum, es geht im Gegenteil darum herauszufinden wie die Welt funktioniert, um verstehen zu können warum man an eben diesem Punkt, an dem man erscheint, sein Leben verbringt.

Es kann folglich festgehalten werden, dass das Erlangen einer besonderen Form von Wissen interessant wird, ein Wissen von der Welt, das erlaubt Wissen um die Unfreiheit des Selbst zu erlangen.

Als nächstes wird die Beschreibung der Praxis notwendig, die diese Form des Wissens möglich machen soll. Diese Praxis trägt den Namen Askese in einem ungewöhnlichen Sinn des Wortes. Askese in diesem Sinn des Wortes bedeutet nicht die Unterwerfung unter ein Gesetz, sondern eine bestimmte Verpflichtung die das Subjekt sozusagen gegenüber der Wahrheit eingeht.

Fouacult schreibt: „Die askesis ist nicht eine Weise, das Subjekt einem Gesetz zu unterwerfen; die askesis stellt vielmehr eine Art und Weise dar, das Subjekt an die Wahrheit zu binden.“ (Michel Foucault)

Und eben diese Bindung an die Wahrheit passiert durch eine besondere Verbindung zwischen Wissen und der Welt und dem Wissen vom Selbst.

Foucault schreibt: „Wenn nach dem Verhältnis Subjekt/Welterkenntnis gefragt wird, stoßen wir – und eben das wollte ich Ihnen aufzeigen – auf die Notwendigkeit, das Wissen von der Welt derart abzuwandeln, daß es für das Subjekt, in der Erfahrung des Subjekts, für das Wohl des Subjekts eine bestimmte geistige Form und einen bestimmten geistigen Wert annimmt. Diese geistige Modalisierung des Subjekts ist die Antwort auf die allgemeine Frage: Wie sieht das Verhältnis von Subjekt und Welterkenntnis aus.“ (Michel Foucault)

Womit sich nach Foucault auch die Frage in Bezug auf die Praxis des Subjekts ändern muss. Von der Frage nach dem was getan werden soll hin zu der Frage danach, was ich mit mir selbst anfangen soll.

Foucault schreibt: „Da, wo wir Modernen die Frage hören: »Ist die Objektivierung des Subjekts in einem Wissensfeld möglich oder nicht?«, da hörten die Alten der griechischen, hellenistischen und römischen Epoche: »Konstituierung eines Wissens von der Welt als geistige Subjekterfahrung«. Und da, wo wir Modernen hören: »Unterwerfung des Subjekts unter eine Gesetzesordnung«, da hörten die Griechen und Römer: »Konstituierung des Subjekts als dessen Ziel und Zweck durch und über die Einübung der Wahrheit«.“ (Michel Foucault)

Worum geht es nun bei der Askese als Wahrheitsverhältnis?

„Es ging darum, ein bestimmtes Selbstverhältnis herauszubilden, das erfüllt, vollkommen, selbtgenügsam und dazu angetan war, jene Läuterungen zu sich selbst durchzumachen, die in dem Glück besteht, das man im selbstgenügsamen Verhältnis zu sich selbst erlebt.“ (Michel Foucault)

Die Form von Askese, die Foucault uns präsentiert, ist eine Praxis, die nicht auf Selbstverzicht abzielt, sondern darauf die Fülle des Selbst kennenzulernen, um diese genießen zu können. Auch diese Form von Askese bewegt sich nicht abseits vom sittlichen Verzicht, der Verzicht passiert allerdings nicht um die Unwürdigkeit seiner Selbst zu spüren und zur Schau zu stellen, sondern, um einer Unabhängigkeit willen, die das Selbst sich sehen und leben lassen möchte.

Die antike Askese beschäftigt sich somit mit der Ausrüstung des Selbst. Es sollen Techniken erlernt werden, die widerständig machen gegen die Unwirtlichkeit des Lebens. Die Askese ist Vorbereitung auf die Ereignisse des Lebens. Askese ist die Praxis die darin unterstützt Anpassungsfähigkeit in unterschiedlichen Situationen des Lebens zu erreichen.

Die Anweisungen im Erlernen des Lebens können in diesem Sinn keine Lehrsätze sein, sie führen nicht zu Überzeugungen, sondern sie produzieren bestimmte Handlungen.

Womit ich noch einmal zurückkommen möchte auf den ersten Teil und die Feststellung, dass Yoga situationssensibles Wissen produzieren soll. Ähnlich möchte ich die Situation an dieser Stelle beschreiben.

Die Selbstpraxis, die Askese, die Einübung ins Leben erlaubt im Moment Wissen um Handlungen zu produzieren, das niemals gelernt und als Prinzip verinnerlicht wurde. Die Selbstpraxis findet ihr Ziel in einem sich ständig verändernden Selbst, das als Infrastruktur für Entscheidungen zu funktionieren vermag.

 „Bindung an die Wahrheit und nicht die Unterwerfung unter das Gesetz – das scheint mir einer der wesentlichen Aspekte der philosophischen Askese zu sein.“ (Michel Foucault)

Yoga und Foucault, warum sie zusammendenken, welche Fragen sollen gestellt werden?

Warum ich Yoga und Foucault heute zusammengebracht habe, ist wohl am besten biographisch zu erklären. Beide Themen spielen eine große Rolle in meinem Leben und haben sich aus diesem Grund in meinem Denken verknüpft. Eines ist jedoch klar, die gestellte Frage nach einer Praxis, die ein unbestimmtes in der Zukunft liegendes Selbst produzieren kann, ist keineswegs durch meine heutige Herangehensweise ausgeschöpft. Diese Frage ist eine, die auf unterschiedliche Arten beantwortet wird, vermutlich immer durch Wissen, das einem zufällig in seiner Biographie begegnet ist.