ON ASHTANGA YOGA

Ashtanga Yoga ist eine weit verbreitete Praxis, die in ihrer »traditionellen« Form anziehend ist, weil sie die Individualität jedes Körpers respektiert und dennoch eine »Serie« schenkt, die einmal auswendiggelernt durch alle Lebenssituationen begleiten kann, und schlussendlich ist es aufregend zu wissen auf der ganzen Welt einfach in einer Mysore-Einheit auftauchen zu können, um dort mit einer vielleicht unbekannten Lehrer*in das Üben aufzunehmen.

Die unbekannte Lehrer*in? So ist es, Ashtanga bietet zwar eine Serie an, wie unterrichtet wird, kann aber sehr unterschiedlich sein. Ich erlaube mir aus meiner eigenen Perspektive zu sagen, dass eine gute Lehrer*in sich durch Toleranz und Respekt vor dem Gegenüber, auszeichnet, darauf achtet, dass im Raum möglichst entspannt und ruhig parktiziert wird, es keinen Platz für Ehrgeiz gibt. Geübt werden soll um seiner selbst willen, nicht zum Erreichen irgendeiner Position oder einer Vorstellung von Richtigkeit oder des passenden Körpers.

Ich möchte noch mehr abrücken von Allgemeinheiten, um meinen Zugang zum Unterricht klarer zu machen. Im Ashtanga gibt es viele unterschiedliche Ansichten darüber was als richtig angesehen wird. Dieser Umstand ist darauf zurückzuführen, dass das Ashtanga-System schon einige Jahre auf dem Buckel hat und sowohl sein Gründer Pattabhi Jois sowie sein jetzt lebender Enkelsohn Sharath Jois, ebenso wie alle Lehrer*innen die nun selbst schon auf eine Praxis von 50 oder 60 Jahren zurückblicken können, haben die Herangehensweise an die Positionen immer wieder überdacht und verändert, zum Besten ihrer Schüler*innen. Kurz gesagt, ich nehme mir im Unterricht vor offen zu sein für die vielen Ansätze die Ashtanga Yoga hervorgebracht hat, ich versuche immer wieder klar zu machen, dass es richtig nicht gibt, aber ein Falsch auf jeden Fall. Ich möchte nicht zu einer Praxis raten, die Blockaden beim Üben und im Körper erzeugt, sowie ich es nicht förderlich finde, wenn sich Dinge fixieren und als unumstritte Wahrheit präsentiert werden. In dieser Hinsicht möchte ich mich als streng bezeichnen, ich glaube das Üben sollte ein offenes Feld des Experimentierens sein, ein Flüssigmachen der Anatomie. Mit den meisten Ashtanga Lehrer*innen teile ich allerdings die Meinung, dass der Serie streng gefolgt werden soll, wenn auch mit Ersatzpositionen an manchen Stellen. Die Serie macht den Kopf frei, erinnert uns ständig daran, dass Yoga nicht Kreativtät bedeutet – die wir permanent in unserem Alltag benutzen, wenn wir über Dinge nachdenken oder Probleme lösen – sondern das Zurückbringen oder Sammeln des Kreativen in einem Ruhepunkt, der die Wellen des Meeres auslaufen lässt – eine Art Yoga zu definieren. Zusammenfassend: Im Unterricht halten wir uns streng an die Serie, der Übungsstil ist jedoch geprägt von Freiheit, von der Möglichkeit spielerisch den Zugang zum eigenen lockeren Praktizieren zu finden. Auch wenn Ashtanga anstrengend sein kann, Muskeltraining ist es nicht…

Selbst bin ich in dieser Hinsicht von der Idee geleitet, dass nicht die äußere Form eine Position bestimmt, sondern Punkte oder Linien der Stabilität, die als Fundament dienen, um den Rest des Körpers natürlich und entspannt an seinen Platz fallen zu lassen. Asanas entwicklen sich in diesem Sinn nicht durch das äußere Aktivieren von Muskeln, sondern durch das Gewahrwerden der inneren Linien, die Körper halten und tragen, im Raum ausrichten. Die zu leistende Arbeit ist das bewusste Entspannen jener Orte, die im Bewegen nicht gebraucht werden. Möchte man dieses Tun ernst nehmen, passiert die Ashtanga Praxis langsam, da Entspannung seine Zeit braucht und nur der angespannte kriegerische Kontakt mit dem Körper schnell erledigt ist. In diesem Sinn, in Mysore Style übt man im eigenen Tempo und sollte die geschenkte Zeit nutzen, um nicht das fleißige Tun im Alltag auf die Matte zu bringen, sondern um den Körper ein kleines Wunder werden zu lassen, um sich im fröhlichen Tanz der Energien und Richtungen aufzulösen…